SPD Oberndorf

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SPD/Buntspecht stimmt für den Haushalt 2012

Veröffentlicht am 31.01.2012 in Fraktion

Fraktionsvorsitzender Hans Jörg Fahrner.

Schramberg. Die Fraktionsgemeinschaft SPD/Buntspecht hat geschlossen dem Haushalt 2012 der Stadt Schramberg zugestimmt. An dieser Stelle veröffentlichen wir die Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Hans Jörg Fahrner im Original:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

auf Ihrem ersten Neujahrsempfang als Oberbürgermeister haben Sie in Ihrer Ansprache empfohlen: „Hören wir auf, unsere Stadt schlecht zu reden!“ Damit stützen Sie sich bewusst oder unbewusst auf den alttestamentarischen Propheten Jeremia, der sagt: „Suchet der Stadt Bestes, … denn wenn’s ihr wohl geht, geht’s auch Euch wohl.“ Wer wollte dem widersprechen. Gleichwohl kennen wir in der Verwaltung, den Ortschaftsräten und im Gemeinderat niemanden, der dies nicht beherzigen würde.

Nur so ist unter anderem zu erklären, dass wir den katastrophalen Einbruch der Finanzen in den Jahren 2009/10 als Folge der Banken- und Wirtschaftskrise durch rigide Einsparungen, Ausgabenkür-zungen und Anhebung der Steuersätze moderat gestalten konnten. Nach einem umfassenden Konsolidierungsprogramm müssen unter anderem Vereine auf Zuschüsse verzichten und Grundeigentümer und Betriebe höhere Steuerlasten tragen. Die Bürgerschaft und die betroffenen Betriebe haben diese Maßnahmen in großer Solidarität mitgetragen. Hierfür möchten wir allen Betroffenen ausdrücklich unseren Dank aussprechen.

Im Laufe der Geschichte wurde Schramberg von mancherlei Katastrophen heimgesucht. Die Schließung des Krankenhauses gehört dazu. Wir vor Ort müssen auslöffeln, was uns andere durch ihre Fehlleistungen eingebrockt haben. Die Verwaltung und der Gemeinderat haben seither alles getan, um zusammen mit den Ärzten die medizinische Versorgung zu sichern und hierfür entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Vor wenigen Tagen wurde im Gemeinderat ein Konzept der ambulanten medizinischen Versorgung vorgestellt. Dies ist auf die privatrechtliche Mitwirkung der Ärzte in der Raumschaft angewiesen. Hier wäre eher Verständnis für eine nicht in aller Öffentlichkeit stattfindende Beratung gefragt gewesen und nicht Kritik, wie teilweise geschehen. Insofern teilen wir Ihre anfänglich zitierte Meinung. Unser ausdrücklicher Dank gilt deshalb allen die dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung vor Ort sicherzustellen. Da hierzu noch keine haushaltsrelevanten Zahlen vorliegen, richten wir unseren Blick auf den vorliegenden Haushalt 2012.

Betrachten wir das umfangreiche Zahlenwerk, können wir im vorliegenden Haushalt gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Entspannung feststellen. Die Einnahmen der Gewerbe- und Einkommensteuer zeigen deutlich nach oben, wenngleich die guten Ergebnisse des Jahres 2008 oder früher noch nicht wieder erreicht werden. Die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Euro- und Schuldenkrise sind nicht absehbar, geschweige denn bewältigt. Ihre finanzielle Dimension auf die kommunalen Haushalte und auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung lässt sich heute noch nicht einschätzen. Deshalb unterstützt unsere Fraktionsgemeinschaft die Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung und eine zurückhaltende Haushaltsführung.

Die aus heutiger Sicht zu erwartenden Zuführungsraten vom Verwaltungs- an den Vermögens-haushalt liegen auch mittelfristig erfreulicherweise über der geforderten Mindestzuführungsrate.

Wenngleich im vorliegenden Haushalt die Zuführungsrate des Vorjahres nicht erreicht wird, ver-bleibt nach Abzug der möglichen Tilgung und möglichen Sondertilgungen eine Nettoinvesti-tionsrate, die für Investitionen zur Verfügung gestellt werden kann. Die im mittelfristigen Investitionsprogramm genannten Vorhabenschwerpunkte werden von uns mitgetragen. Hohe Priorität hat dabei für uns der lange vor uns hergeschobene Neubau des Feuerwehrgerätehauses auf dem Sulgen. Nachdem sich für die Standortfrage eine gute Lösung abzeichnet, soll 2012 die Planung fertiggestellt und danach ohne weiteren Verzug der Bau errichtet werden.

Wie sehr der städtische Haushalt inzwischen von äußeren Einflüssen abhängig ist, zeigt auch die so sicher geglaubte Gewinnausschüttung der OEW von bisher jährlichen rund 1,7 Millionen Euro. Hier rächt sich das viel zu lange Festhalten der EnBW an der Nutzung der Atomenergie. Der von uns schon lange geforderte Ausstieg aus dieser unkalkulierbaren Technologie, der nach Fukushima erzwungen wurde, führt jetzt im städtischen Haushalt zu einer Reduzierung der Gewinnausschüttung um ein Drittel auf 1,1 Million Euro. Unsere Fraktionsgemeinschaft setzt sich für Konzepte zur Energieeinsparung und für die Nutzung alternativer Energieformen ein. Deshalb unterstützen wir die Ausweisung von weiteren Flächen für die Nutzung der Windkraft und die Ausrichtung der Stadtwerke an alternativen Energieformen.

Erfreulich ist, dass die neue Landesregierung Wort hält und die Zuweisungen für die Kleinkin-derbetreuung um rund ½ Million Euro allein für Schramberg aufgestockt hat. Die Einrichtung zweier neuer Kinderkrippen in Waldmössingen und Tennenbronn unterstreichen die hohe Nachfrage nach Krippenplätzen, beweist aber auch, dass wir unseren Auftrag ernst nehmen, eine kinder- und familienfreundliche Stadt zu sein. Insgesamt brauchen wir in diesem Bereich unser Licht wahrlich nicht unter den Scheffel zu stellen. Hinzu kommt, dass auf Wunsch interessierter Eltern in Sulgen ein Waldkindergarten geplant ist. Die von der CDU-Fraktion in die Haushaltsberatungen beantragten Sperrvermerke zum Wald-kindergarten, zu Grünplanung-Kinderspielplätze, zur Schulsozialarbeit, zur geplanten Koordinationsstelle für das JUKS3 und zur Freistellung der Leiterinnen der Kindergärten sowie zu den Personalkosten für den sogenannten E-Check wurden mehrheitlich beschlossen. Wir plädieren dafür, dass die Beratung im VA baldmöglichst erfolgt, damit die Sperrvermerke aufgehoben und danach entsprechend geplant werden kann. Diese Auflistung erwähnen wir nicht, um die Antragsteller in ein falsches Licht zu rücken. Für eine sparsame Haushaltsführung zu sorgen, gehört zu den vorrangigen Pflichten von uns allen. Dennoch offenbart sich an diesen Beispielen ein grundsätzliches Problem, mit dem wir immer wieder konfrontiert werden: Wir wollen Qualität, aber zu welchem Preis? Wenn wir beispielsweise in unseren Kindertagesstätten aufgrund von Quobile die Qualitätsstandards der Erziehung erhöhen oder die Vorgaben des Orientierungsplans erfüllen, dürfen wir die hierfür zusätzlich erforderliche Zeit dauerhaft nicht den Leiterinnen aufbürden.
Wenn wir Kinderspielplätze erhalten und qualitativ verbessern wollen, benötigen wir gesicherte Grundlagen. Dies gilt selbst dann, wenn zugegebenermaßen die Erhebung etwas unglücklich zustande kam. Dasselbe könnte zur erforderlichen Schulsozialarbeit; zur Koordinationsstelle JUKS³ in den Ganztagsschulen und letztlich auch zur E-Check-Stelle, die wohl auf neuen gesetzlichen Richtlinien basiert, gesagt werden. Die grundsätzliche Frage ist, welche Standards wollen wir verwirklicht sehen, um nach innen und außen die notwendige Attraktivität auszustrahlen.

Ähnlich verhält es sich bei der Erhebung der Gewerbesteuer. Sie ist in unseren Augen weder Selbstzweck noch ist sie willkürlich festgelegt. Kommunale Abgaben und Steuern dienen allein der Schaffung und Erhaltung der Infrastruktur vor Ort und nützen damit letztlich auch den Betrieben selbst. Nur durch eine intakte zeitgemäße Infrastruktur sind Mitarbeiter bereit, in Schramberg hei-misch zu werden. Wir fragen uns, ob wir die von Ihnen in Ihrer Neujahrsansprache aufgezählten Vorhaben zeitnah verwirklichen können, wenn wir gleichzeitig an die Zurücknahme des Gewerbesteuerhebesatzes denken. Die Grundfrage ist letztlich, wie wir den Interessen der Bürgerschaft den Betrieben und ihren Belegschaften am besten dienen.

Wenn unsere Stadt auch in Zukunft nach innen und außen gut aufgestellt sein soll, erfordert dies aus unserer Sicht die Fortsetzung des in der Vergangenheit erfolgreich praktizierten und breit angelegten Dialogs mit der Bürgerschaft. Eine frühzeitige Bürgerbeteiligung an den Vorhaben der Stadt stärkt den Gemeinsinn. Planungen, die zum Beispiel über Bürgerforen oder den Leitbildprozess in der Vergangenheit entstanden sind, sollten Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, in Ihrer gerade begonnenen Amtszeit aufgreifen und nahtlos einer Verwirklichung zuführen.

Nach der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 sind Formen einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung neu gefragt. Hierin war Schramberg in vielen Punkten Vorbild für andere Gemeinden. Wir sollten uns diesen guten Ruf erhalten. Wenn wir Ihren Satz aus der Neujahrsansprache richtig verstehen, ich zitiere: „…tragen wir nach außen, was es alles in Schramberg gibt“ (Zitatende), deckt sich auch hierin unser gemeinsames politisches Grundverständnis.

Die in Ihrer ersten Haushaltsrede und Ihrer Neujahrsansprache genannten Punkte und Vorhaben werden wir gerne mit Ihnen zusammen aufgreifen und Sie nach Kräften unterstützen. Dabei können Sie auf eine gewachsene Kultur des Miteinanders zurückgreifen.

Die Projekte von JUKS3 haben anerkanntermaßen Vorbildcharakter. Besonders erwähnt sei hier nur das von großem Zuspruch begleitete Projekt „Zwischen zwei Welten“, das am 4. März mit dem Besuch der Integrationsministerin Bilkay Öney seinen vorläufigen Abschluss findet.

Dieses Projekt wird aber nur dann dauerhafte Wirkungen entfalten, wenn wir bereit sind, die ge-machten Erfahrungen aufzugreifen und sie im Alltag ankommen zu lassen. Die vielen Kontakte zwischen Menschen einheimischer und ausländischer Wurzeln im Laufe dieses Projekts machen Mut, eindeutige Signale zu setzen.

Wir regen deshalb an, die Aufarbeitung der Geschichte der Gastarbeiter in Schramberg fortzu-setzen, solange Zeitzeugen ausreichendes Quellenmaterial zur Verfügung stellen können.
Wenn Mitbürger ausländischer Wurzel seit Jahrzehnten hier wohnen und sich längst integriert haben, ist es nicht zu vermitteln, dass ihnen das Kommunalwahlrecht noch immer verwehrt wird.
Meine Fraktion wird deshalb beantragen, dass die Stadt über den Gemeinde- und Städtetag sowie über die zuständigen Gremien des Landes hierfür Initiative ergreift. Menschen die hier leben und arbeiten und damit zum Wohlstand aller beitragen, sollen auch in den politischen Gremien vertreten sein.

Eine gewachsene Kultur des Miteinanders, die von außen durchaus wahrgenommen wird, zeigt sich zum Beispiel darin, wie wir in wenigen Tagen der Opfer des Nationalsozialismus gedenken. Hierzu gehört auch, dass wir im sogenannten Zigeunerhäusle in Waldmössingen eine Mahn- und Erinne-rungsstätte für die verfolgten Sinti und Roma sehen, deren Schicksale lange verschwiegen wurden.

Dem Förderverein für Heimatpflege danken wir für die Instandsetzungsarbeiten, ebenso Frau Orts-vorsteherin Schmid, dem Ortschaftsrat und den Schülerinnen und Schülern der Friedrich-Ebert-Schule sowie Carsten Kohlmann für das bisher Geleistete.

Unsere Haushaltsrede gibt uns die Möglichkeit, Schwerpunkte und Zielsetzungen zu verdeutlichen. Wir wollen im Folgenden fünf Problemfelder besonders ansprechen.

1. Einwohnerverlust: Der anhaltende Einwohnerverlust aufgrund des demographischen Wandels macht uns seit Jahren Sorgen. Nicht nur, dass wir dadurch jährlich einen Steuerausfall von rund 300 000 Euro zu verkraften haben, der Rückgang der Bevölkerung wirkt sich auf alle Lebensbereiche und strukturellen Entscheidungen aus. Die Veränderung trifft die Gemeinden unterschiedlich stark. Be-troffen sind vor allem der ländliche Raum und davon besonders die Gemeinden im Schwarzwald. Eigene städtische Fördermaßnahmen halten wir wie Sie, Herr Oberbürgermeister, für notwendig. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, das Stadtmarketing verbessern, unsere kulturellen Angebote stärken und besser nach innen und nach außen „verkaufen“. Doch diese städtischen Maßnahmen allein werden die Defizite nur teilweise ausgleichen können. Notwendig ist unseres Erachtens eine Strukturförderung des Landes, die hilft die regionalen Verschiebungen auszugleichen.

2. Schulentwicklung: Wir bedauern es, dass wir nicht bei den ersten Gemeinschaftsschulen des Landes dabei sind, ein Beinbruch muss dies aber nicht sein. Das komplizierte Konstrukt der Real-schule (RS) als Verbundschule mit einem Gemeinschaftsschulanteil aus Graf-von-Bissingen-und Berneckschule hat bei der Entscheidung sicher eine Rolle gespielt. Wir sind überzeugt davon, dass die Haupt- oder Werkrealschule dauerhaft nur in einem Konzept der Gemeinschaftschule überleben kann. Wir werden deshalb im April alle Schulleitungen der Raumschaft einladen. Auf der Basis der Anmeldezahlen für das Schuljahr 2012/13 wollen wir gemeinsam die Chancen von flächendecken-den Gemeinschaftsschulen diskutieren. Eine wohnortnahe, zukunftsfähige Schule soll dabei im Mittelpunkt stehen. Ziel ist es, gemeinsam den Versuch zu unternehmen, einvernehmliche Lösungen anzustreben.

3. Neue Mitte: Wir freuen uns, dass die Planung soweit abgeschlossen ist und die Vergaben auf den Weg gebracht werden können. Wir sind sicher, dieser Platz wird das Gesicht unserer Stadt als urbane Mitte prägen und eine Einladung an Einheimische wie Fremde darstellen. Zur Abrundung des Platzes ist es aus unserer Sicht notwendig, die vorgesehene Überplanung der angrenzenden Flächen bald ins Auge zu fassen. Dasselbe gilt für Fußgängerbereiche Marktstraße und „An der Steige“ sowie der Hirsoner Platz, die zweifelsfrei einen neuen Belag und eine Aufwertung benötigen. Die immer wieder festzustellenden Leerstände von Geschäften weisen darauf hin, die Attraktivität, soweit diese in unserer Hand liegt, zu verbessern. In diesem Zusammenhang ist die von uns beantragte Verkehrsberuhigung der Hauptstraße nochmals zu überdenken.

4. Spielplätze – bespielbare Stadt – Schulhöfe: Die Spielplätze und Schulhöfe in unserer Stadt sind wirklich keine Vorzeigeeinrichtungen. Wir sind Ihnen, Herr Oberbürgermeister dankbar, dass Sie das Dilemma selbst angesprochen haben. Wir hoffen deshalb, dass Sie unsere letztjährigen Anregungen und unseren Antrag „Bespielbare Stadt“ neu aufgreifen und die Erkenntnisse beispielsweise von Griesheim mit einbeziehen.

5. Kultur des Miteinanders: In den vergangenen Jahren haben wir in Schramberg eine Kultur des guten Miteinanders entwickelt. Diese wollen wir unter Ihrer Führung gerne fortsetzen und unseren Beitrag dafür leisten. Die Beratung des vorliegenden Haushalts und die bisherige Zusammenarbeit haben gezeigt, dass wir gemeinsam auf einem guten Weg sind.

Saint-Exupéry sagte einmal: „Was die Zukunft betrifft, so ist deine Aufgabe nicht, sie vorauszu-sehen, sondern sie zu ermöglichen.“

Für die gute Zusammenarbeit danken wir Ihnen, den Fachbereichsleitern, dem Kämmerer Herrn Huber, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Verwaltung, Stadtwerken und Eigenbetrieben. Gleichermaßen danken wir allen, die sich im vergangenen Jahr für das Wohl unserer Stadt ein-gesetzt und mit uns gut zusammen gearbeitet haben.

Abschließend kann ich feststellen:

Die SPD-Buntspecht-Fraktionsgemeinschaft stimmt dem Haushalt 2012 zu.

 

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