SPD Oberndorf

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Bildungspolitischen Long Covid verhindern

Veröffentlicht am 18.02.2022 in Kreisverband

Der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz.

Gleich zwei Landtagsabgeordnete diskutieren mit der SPD im Kreis Rottweil über die aktuellen Probleme in der Bildungspolitik.

 

Im Rahmen der Happy Hour, einem Format in dem Hans Peter Storz, MdL aus Singen, innerhalb einer Stunde politische Themen bespricht, hat die SPD im Kreis Rottweil zusammen mit Dr. Stefan Fulst-Blei, MdL und Bildungspolitischer Sprecher der SPD, eine Stunde lang über die Probleme der Schulen in Baden-Württemberg diskutiert.

Dabei stellte Dr. Fulst-Blei in seiner Einführung zu dem Thema fünf Thesen auf, die die aktuelle Problematik verdeutlichen. Gleich die erste These beleuchtet eines der Hauptprobleme, nämlich den massiven Personalmangel bei den Lehrkräften. So hat die Landesregierung von 105 geforderten Krankheitsvertretungsstellen lediglich 50 bewilligt. Wobei selbst die 105 bereits sehr optimistisch geschätzt waren. Der zweite Punkt betrifft ein Thema, das von politischer Seite oft missachtet wird, den emotionalen Aspekt. Wie fühlen sich die Schüler, die in diesen Jahren der Pandemie die Schule verlassen? Fühlen sie sich vom Staat in dieser schweren Zeit unterstützt? Wie wirken sich diese Empfindungen später auf die Einstellung zur Demokratie aus? Dies fasste Fulst-Blei unter dem Begriff "Pädagogisches Long Covid" zusammen. Auch wenn die Pandemie, so hoffen wir doch, bald zu Ende geht, werden die Auswirkungen uns noch über Jahre hinweg begleiten. Die dritte These befasst sich mit dem Unterstützungsprogramm der Landesregierung mit dem Namen "Rückenwind". Dieses Programm, das Schüler unterstützen sollte, erreicht nach Einschätzung von Experten lediglich 17 Prozent der Schüler, wobei vermutlich 40 Prozent der Schüler die Unterstützung benötigen.

 

Die vierte These handelt von einem Problem, das kaum zu Wort kommt, aber umso gravierender ist. Sonderpädagogische Bildungseinrichtungen haben aufgrund eines Mangels an Lehrkräften einen sehr großen Unterrichtsausfall. Dies geht sogar so weit, dass eine Schule bereits einen Schultag gestrichen hat, ersatzlos. Dies betrifft unter den Schülern die vulnerable Gruppe, die besonderer Förderung bedürfen, die aber sträflich vernachlässigt wird. So berichtet Dr. Fulst-Blei von einem Kurs, in dem sich Lehrkräfte für Sonderpädagogik spezialisieren wollten, bei dem es jedoch aufgrund der hohen Anforderungen zu einer Durchfallquote von 80 Prozent kam. Dazu kommt, dass jeder mit Hochschulreife zum Beispiel Realschullehrer werden kann, für Sonderpädagogik benötigt man aber einen Schnitt von 1,6. Damit werden von Beginn an motivierten Lehrern Steine in den Weg gelegt.

 

Die letzte These betrifft die Schulleiter, die von der Landesregierung alleine gelassen werden, und in deren Gruppe der Frust über die aktuelle Situation immer mehr steigt.

 

In der anschließenden Fragerunde wurde die Situation der Schulen im Kreis Rottweil näher beleuchtet. So wies Torsten Stumpf, Kandidat bei der vergangenen Landtagswahl und Vorsitzender der SPD in Deißlingen, darauf hin, dass es zwar in Deißlingen gut um die Schulen bestellt ist, viele Dörfer im Kreis jedoch keine Lehrer finden. Vor allem für Grundschulen bereiten dem SPD-Kreisvorstand Sorgen, da die Leitschnur der SPD “Kurze Beine, kurze Wege”, also dass Grundschüler nur einen kurzen Weg zur Schule gehen sollten, sich nicht halten kann.

 

Dr. Fulst-Blei stellte klar, dass man schon vor Jahren die Anzahl an Studienplätze für das Lehramt hätte erhöhen müssen, jedoch wurde die Binnenmigration ignoriert. So wurde vor einigen Jahren nicht damit gerechnet, dass so viele Menschen aus anderen Bundesländern nach Baden-Württemberg ziehen würden, wodurch auch deutlich mehr Kinder zur Schule gehen. Durch diese Fehleinschätzung hat man nun viel zu wenig Lehrkräfte, die dazu noch bevorzugt in Städten unterrichten.

 

Hans Peter Storz stellte auch klar, dass sich dadurch für den ländlichen Raum natürlich große Probleme ergeben, da aufgrund der großen Nachfrage die Lehrer sich ihre Arbeitsplätze aussuchen können.

Klaus Schätzle, stellvertretender SPD-Kreisvorsitzender, stellte die drängende Frage nach der Digitalisierung der Schulen, welche ja in Zeiten der Pandemie zu einem der zentralen Punkte wurde. Hier verwies Dr. Fulst-Blei auf die große Lücke in der Finanzierung, alleine könnten die Kommunen, welche als Träger der Schulen dafür verantwortlich sind, dies nicht verwirklichen. Hier müsste auch das Land und der Bund Gelder bereitstellen.

 

Torsten Stumpf wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass es an den Schulen an geeigneten IT-Fachkräften fehle, welche für die reibungslose Funktion der Infrastruktur sorgen könnten. Aufgrund der schlechten Bezahlung im öffentlichen Dienst würde kaum ein Informatiker diese Richtung einschlagen. In diesem Zusammenhang stellte Dr. Fulst-Blei die Idee vor, dass man den Mitarbeitern der schulischen Verwaltung gegen bessere Vergütung auch ein Weiterbildungsangebot unterbreiten könnte, so dass man dadurch qualifiziertes Personal erhalten könnte.

 

Mirko Witkowski, Kreisvorsitzender der SPD, sprach das Thema der Belastung der Lehrkräfte an, welche in der aktuellen Lage sehr hoch ist. Dr. Fulst-Blei meinte, dass auch er den Burnout, welcher sich unter den Lehrkräften immer mehr ausbreitet, mit großer Sorge sieht. Vor allem an den bereits erwähnten Sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen ist die Lage dramatisch und den Schulleitern bleibt nur noch ein Verwalten der Mängel. Vor allem hier sieht er ein großes Versagen der Landesregierung, welche zwar 2,5 Milliarden über Plan eingenommen hat, jedoch in diesen wichtigen Bereichen keine Gelder bewilligt, welche dringend benötigt werden.

 

Mit dem sehr engagierten Landtagsabgeordneten Dr. Fulst-Blei verging die Zeit schnell und es gab einen intensiven austausch. So bleibt zu hoffen, dass die baden-württembergische Landesregierung bald die richtigen Schritte einleitet, damit die Situation in den Schulen nicht noch dramatischer wird. Den Bildungspolitischen Long Covid kann nur eine engagierte und effektive Bildungspolitik verhindern. Ansonsten werden wir alle lange mit den Nachwirkungen zu kämpfen haben.

 

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