SPD Oberndorf

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Gute Bildung ermöglicht Freiheit! - Interview mit Ali Zarabi

Veröffentlicht am 17.12.2018 in Ortsverein

Ali Zarabi. Foto: Röcker

Schramberg - Ali Zarabi ist eines unserer jüngsten Mitglieder in der Schramberger SPD. Er kommt aus Afghanistan und hat mit seiner Familie in Kabul gelebt, bis sich die ganze Familie aufgrund der politischen Situation und der Bedrohungslage im Ausland in Sicherheit bringen musste.

Alter: 17 Jahre, Wohnort Schramberg, zwei kleine Schwestern, 13 und 10 Jahre, beide besuchen die Realschule in Schramberg, Herkunftsland: – Afghanistan, in Kabul gewohnt.

Petra Röcker:  Ali, wie lange bist Du schon in Deutschland? Seit Februar 2016,

Hast Du Hobbies? Ja, Ringen und Politik

Was ist Dein Berufswunsch? Wissenschaftler im Fach Physik

Gibt es etwas, das Du überall hin mitnimmst, und verrätst Du es? Ja, ich habe immer ein Stück Holz und einen Stift dabei. Wenn ich das Holz anfasse, kann ich mich besser konzentrieren.

Warum musstest Du Deine Heimat verlassen? Mein Vater ist Journalist und Politiker, außerdem war er ehrenamtlich Berater in der Regierung Karzai, er geriet zwischen die Fronten. Auf der einen Seite waren die Taliban auf der anderen die Nachfolgeregierung von Karzai. Der Vater hatte Kontakt zu vielen wichtigen Persönlichkeiten und war als Journalist von den Machthabern kritisch gesehen. Wir sind Schiiten, bei den Taliban gilt der Satz: „Wer einen Schiiten auslöscht, kommt direkt ins Paradies.“ Unsere Sicherheit war nicht mehr gewährleistet.

Wie bist Du nach Deutschland gekommen? Wir sind mit Hilfe einer Organisation, die so etwas für Geld macht, geflohen. Die Flucht führte über Pakistan und den Iran in die Türkei, von dort konnten wir mit einem Boot nach Griechenland gelangen. Das Boot hatte ein großes Loch, obwohl wir schon extra mehr bezahlt hatten, um ein gutes Boot zu haben, so wurde die Überfahrt für uns zu einer lebensbedrohlichen Situation aus der wir im letzten Augenblick gerettet wurden. Der Fluchtweg war 11.000 km lang und hat 2 Monate gedauert, weil wir uns bei langen Märschen, bei teilweise – 20°C, Verletzungen zugezogen hatten und pausieren mussten. Ich konnte nicht mehr laufen und meine Eltern wurden so verletzt ,..darüber möchte, und kann ich nicht sprechen. In Schramberg sind wir letztlich gelandet, weil mein Onkel schon hier gewohnt hat.

Mit wem bist du geflohen? Mit den Eltern und meinen Schwestern und der 76-jährigen Oma von Vaters Seite.

Gibt es noch Familie in Afghanistan? Ja meine Oma, andere Familienmitglieder sind weltweit verstreut.

Was musstet Ihr zurücklassen? Vieles, unsere Wohnungen. Alles was meine Eltern als „career“ aufgebaut haben.

 Wie sieht dein Leben in Deutschland aus?  Sehr schön und stresslos. Ich habe wenig Kontakt zu Gleichaltrigen, ihre Themen interessieren mich nicht und ich bin der Meinung, dass man sich mit wichtigen Themen beschäftigen muss, wenn man ein Ziel hat, nicht z.B mit Trinken und Party. Ich habe eher Kontakt zu Älteren, 40- oder 50- jährigen oder älter, weil mein Vater mir immer sagt: “Du musst viel lernen, wenn du immer einen Schritt weiter als deine Freunde sein willst. Und dies schaffst du nur, wenn du mit den gebildeten Leuten, die dir was beibringen können, Kontakt aufnimmst“. Ich besuche das Technische Gymnasium, Profil Informationstechnik, in Rottweil, mein Lieblingsfach ist Physik und ich engagiere mich bei den Ringern in Aichhalden und konnte schon bei Meisterschaften gute Erfolge erzielen. Momentan muss ich pausieren wegen einer Verletzung, bin aber seit neuestem Schiedsrichter.

Wie fühlst du dich in Deutschland? Sehr wohl! Weil ich jetzt in Sicherheit bin und ich kann mich für eine erfolgreiche Zukunft in Ruhe vorbereiten. Ich habe viel Kommunikation mit Deutschen, beim Sport, in der Schule, bei den JUSOS usw. 

Welche 3 Dinge fallen Dir spontan ein, wenn Du an Deine ersten Eindrücke in Deutschland denkst? 1.Die Reaktion der Polizisten! Sie waren unsagbar nett zu uns, auch die anderen Helfer in Deutschland 2.Die Sprache, sie sah unglaublich schwer aus, wir dachten, die können wir niemals lernen.3. Die Ehrlichkeit

Hast Du vor etwas Angst in Deutschland? Als wir in unserer Heimat waren, wussten wir nicht, ob wir am nächsten Tag noch leben oder nicht. Es konnte immer was passieren z.B Angriffe oder Explosionen. Das kann ich Angst nennen. Aber in Deutschland gibt es so etwas nicht. Aber meine Angst in Deutschland ist, dass ich von jemandem höre, dass ich ihn enttäuscht habe.

Was bedeutet Heimat für Dich?  Heimat bedeutet für mich glücklich mit anderen in Frieden leben zu können. 

Drei wichtigste Gründe für Deinen SPD Eintritt? 1.Ich finde  Politik absolut wichtig, und wenn man hier lebt und sich integrieren möchte, muss man auch die politische Sprache verstehen. 2.Die sozialdemokratische Partei bedeutet mir mehr als die anderen Parteien, sie hat Themen, die die Menschen direkt betreffen und für das menschliche Zusammenleben wichtig sind. Man kann offen seine Meinung sagen. CDU/CSU und AFD sind meiner Meinung nach überhaupt nicht objektiv. 3.Es gibt gute und gebildete Leute in der Partei, man kann viel von ihnen lernen. Ein Beispiel ist die Familie Klank, sie sind sehr nett und man kann immer was Neues von ihnen lernen.

Wofür sollte sich die SPD besonders engagieren/stark machen? Sie muss sich 100% auf neue und junge Mitglieder konzentrieren, am Anfang habe ich nur alte Leute hier gesehen. Es müssen die Themen der Jungen besser wahrgenommen werden, dazu gehört, dass die Partei viel aktiver in den sozialen Medien werden muss. Hier können dann auch die Ziele und die inhaltliche Arbeit der Partei an junge Leute gelangen. Überhaupt muss die Partei besser über ihre Ziele und ihre Arbeit informieren. Die Themen Bildung und Europa müssen intensiver herausgestellt werden, und nicht zuletzt möchte auch meine Generation wissen, dass im Alter eine Rente für uns sicher ist.

Hast Du einen Traum?  Kürzlich hat mich Philipp Amthor, ein junger CDU Politiker, mit seiner Rede im Bundestag beeindruckt, nicht inhaltlich, aber sein Wissen und sein Engagement! Wenn ich so ein Politiker für die Sozialdemokraten werden könnte, wäre das toll!

Was bedeutet Freiheit für Dich? Freiheit heißt für mich mein Leben so zu leben wie ich es möchte, eigene Entscheidungen treffen zu können, und in Sicherheit zu sein. Freiheit kann immer passieren, wenn große Teile der Bevölkerung gebildet sind. Gute Bildung ermöglicht Freiheit.

Und Frieden?  Das heißt für mich unter einer Regierung zu leben, die nichts mit Religion zu tun hat, ich glaube, das nennt man säkular.

Was würdest Du Dir für die Zukunft deiner Schwestern wünschen? Dass sie sich auch politisch engagieren werden, und dass sie mehr Kontakte zu Deutschen haben. In Afghanistan war man nicht sicher, deshalb waren sie viel im Haus. Es braucht Zeit dieses Verhalten zu verändern.

Ali möchtest Du den Genossen und Lesern noch etwas sagen?  Ja, ich möchte sagen, für gute Integration wird die Unterstützung von Deutschen gebraucht, wenn man es verdient! Außerdem sollten die Genossen ihre Kinder motivieren, sich politisch zu engagieren. Wenn man nicht mal seine Kinder motivieren kann, wie können wir andere motivieren?

Ali, Ich denke, das haben Deine Eltern bei Dir richtig gut gemacht!  Vielen Dank für das Gespräch!

 

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